JAGD
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24.08.2022

GEFÄHRLICHE MITBRINGSEL

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Übungstage bei der Herbstjagd auf Fasan und Hase. Was als spannendes Wochenende begann, endete für einen der Hunde fast tödlich.   


 

Nach unseren Erfahrungen ist die Bejagung eines jungen Hundes der effektivste Weg, einen brauchbaren Jagdhelfer zu formen. Dazu stellt man ihm ein paar firme Hunde an die Seite und lässt ihn erst einmal machen. Wenn ihm dabei das eine oder andere nicht so recht gelingt, springt der Profi ein und so erweitert sich das Repertoire des jungen Hundes durch Verhaltenskoppelung, Stimmungsübertragung und Nachahmung fast wie von selbst. 

SPEZIELLE ÜBUNGSTAGE

Dazu treffen wir uns an speziellen Übungstagen. Das Gelände, das wir dabei mit den Treibern und mehreren Hundegespannen ablaufen, besteht aus deckungsreichem, hohen Bewuchs und ist von schmalen Feldstreifen, Feldgehölzen, Remisen und Hecken durchzogen. Streckenweise durchlaufen wir auch lichtes Altholz. Bei unseren Streifen verteilen sich die Hundeführer gleichmäßig über die Treiber- und Schützenkette, und zwar so, dass sich die Arbeitsbereiche der Hunde möglichst nicht allzu sehr überschneiden. Alle Hundeführer nutzen die Gelegenheit, mit ihrem Hund den Gehorsam, das Zusammenspiel, die Standruhe, das Vorstehen und natürlich den Apportier- und Finderwillen zu festigen.

Hundeführer mit ihren jungen Hunden haben die Möglichkeit, ihre Vierläufer erst einmal daran zu gewöhnen, dass andere Gespanne in unmittelbar Nähe stöbern, suchen und vorstehen, dass Schüsse fallen, Hunde zur Verlorensuche geschickt werden oder mit einem frisch erlegten Fasan vorbeilaufen. Der Hundeführer darf sein Hauptaugenmerk auf seinen Schützling richten, die anderen nehmen Rücksicht auf ihn und helfen geduldig, wenn es nicht so klappt. 

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Hier lauern die blutsaugenden kleinen Monster auf ihre Opfer.

Abends sind alle müde und zufrieden, die Hunde werden ausreichend mit Wasser und Futter versehen. Man sieht und hört dann nicht mehr viel von ihnen, sie sind ausgepowert, träumen vom erfolgreichen und spannenden Jagen und schlafen sich fit für den nächsten Tag. Man sitzt später noch bei einem guten Essen zusammen und lässt den Tag Revue passieren und gemütlich ausklingen und legt sich nichts Böses ahnend schlafen.

HEIMLICH LAUERT DIE GEFAHR

Wenn wir unsere Hunde auf der Jagd einsetzen, müssen wir immer damit rechnen, dass sie dabei Schaden nehmen. Wer seinen Hund auf Schwarzwild einsetzt, wird diesen wohlweislich mit einer Schutzweste ausstatten, da er um die Wehrhaftigkeit der Sauen weiß. Aber es lauern noch andere Gefahren in Wald und Flur auf unseren Vierläufer. 

Wie sieht es denn aus, wenn es auf Fasan und Hase geht? Muss man den Vierläufer hierbei auch schützen? Auch hier müssen die Hunde geschützt werden! Jedoch nicht vorm Hasen oder Fasan, sondern vor den kleinen blutsaugenden Monstern, die sich an den Hund anhaften, üble Krankheitsbilder erzeugen und wenn nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird, den Tod des Hundes zur Folge haben. 

VORBEUGUNG UNBEDINGT!

Wir haben also wie immer präventiv bereits eine Woche vor Abreise bei allen Hunden einen Zeckenabtötenden Wirkstoff aufs Fell aufgetragen, um sie vor einer Infektion zu schützen. Der Wirkstoff muss rechtzeitig aufgebracht werden, damit er sich auf den ganzen Körper verteilen kann. Der Zeckenschutz, denn wir verwenden, besitzt laut Angabe eine abweisende und bei Stich auch abtötende Wirkung, nicht nur gegen den Holzbock, sondern auch gegen die Auwald- und die braune Hundezecke, die in manchen Gebieten verstärkt vorkommen. 

Gelangt also eine dieser Zecken auf das Hundefell, haftet sie zwar noch kurzzeitig dort, lässt sich dann aber meist wieder fallen. Bewirkt wird dies durch den aufgetragenen Wirkstoff, der eine starke Reizung der oberflächlich liegenden Nervenzellen an den Extremitäten einer Zecke auslöst. Zusätzlich suchen wir natürlich nach jedem Jagdtag das Hundefell ausgiebig ab und entfernen die Zecken.  

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Hier ist es für eine Zecke leicht, selbst dem Hundeführer in den Halsbkragen zu krabbeln.

DIESES MAL NICHT AUSREICHEND

Im Hotel schlief jeder unserer Hunde in seiner mit weichen Decken ausgepolsterten Hundebox. Im Fahrzeug lagen ebenso Decken und Handtücher zum Abrubbeln, um die Hunde nach der Jagd zu säubern. Nachdem wir wieder zu Hause waren, haben wir Boxen und Fahrzeug sorgfältig gereinigt, alle Decken ausgeschüttelt und mit 90 Grad in der Waschmaschine gewaschen, damit auch wirklich jede Zecke, die sich noch verkrochen hatte, vernichtet wird. Auch das Fell der Hunde suchten wir noch länger als eine Woche täglich mehrmals ab. 

Dann glaubten wir, es bestünde keine weitere Gefahr mehr und alle Tierchen seien gefunden. Doch plötzlich krabbelten erneut kleine Blutsauger auf den Hunden herum, fanden ihre Mahlzeit und "spuckten" Krankheiten in die Körper zweier unserer Hunde. 

Nach dem Entfernen der Zecken sahen wir, dass es sich bei Terrie um eine Auwaldzecke handelte, die eigentlich in unserer Region nicht vorkommt, und die vom Übungsgebiet eingeschleppt worden war. Bei Franzl hatte sich ein heimischer Holzbock vollgesaugt. Da die beiden Hunde schon mehrmals wieder mit im Revier waren, wurde sofort das Jagdauto noch einmal intensiv gereinigt. Das hieß, alles ausräumen, jede Ritze absaugen, ein halber Tag Arbeit. Jedoch leider zu spät. Nach ein paar Tagen bekam der Foxterrier plötzlich hohes Fieber, hatte auffällig starken Durst, wollte nichts mehr fressen, erbrach sich, war matt und hatte keinerlei Kondition mehr. 

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Gemeiner Holzbock kurz nach dem Biss.

SCHNELL ZUM TIERARZT

Wir erinnerten uns an den Befall mit Zecken, brachten das Krankheitsbild zeitnah damit in Verbindung, reagierten sofort und ab zum Tierarzt, dem wir unseren Verdacht mitteilten. Wir wussten, wenn sich unsere Befürchtung bewahrheitete, musste die Behandlung unverzüglich einsetzen, um Terries Leben zu retten. Eine Kapillarblutuntersuchung - dazu werden ein paar Tropfen Blut aus dem Behang auf einem Objektträger unters Mikroskop gelegt - ergab sofort das eindeutige Ergebnis: Babesiose! (siehe Beschreibung weiter unten

Nachdem die Diagnose gestellt war, setzte unverzüglich die Behandlung ein, und zwar mit Mitteln, die einzellige Parasiten bekämpfen. In der Regel wird dem erkrankten Hund das Medikament zweimal in einem Abstand von 14 Tagen gespritzt. Unser Terrie reagierte sehr gut auf das Medikament. Aber es war mehr als knapp. Hätte unser Tierarzt nicht so schnell eine sichere Diagnose gestellt, wäre das anders ausgegangen.

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Auwaldzecke (Foto Stefan Leipold)

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Vollgesaugte Holzbockzecke (Foto Stefan Leipold)

DOCH ES WAR NOCH NICHT VORBEI

Kaum ging es Terrie wieder etwas besser, fiel uns auf, dass unser Weimaraner stark abnahm, Durchfall bekam und auch seine Kondition immer mehr nachließ. Da wir auch bei ihm eine vollgesaugte Zecke gefunden hatten, ließen wir eine Blutuntersuchung machen. Die Diagnose war niederschmetternd: auch er war infiziert, er hatte Anaplasmose! Die Behandlung mit einem passenden Antibiotikum erfolgte bei Franzl über einen Zeitraum von vier Wochen. Wir können nur hoffen, dass die Bakterien bei ihm wirklich alle zerstört wurden. (Siehe Beschreibung)

Seitdem achten wir bei unseren Hunden nach jedem Zeckenstich aufs Genaueste darauf, ob sich an ihrem Verhalten und Fitnesszustand etwa ändert. Lieber einmal umsonst zum Tierarzt als einen Hund verlieren.

BABESIOSE - HUNDEMALARIA

Die Babesiose, auch Hundemalaria genannt, ist eine von Blutparasiten (Babesien) hervorgerufene lebensgefährliche Infektionskrankheit. Babesien sind Einzeller, die als Parasiten die roten Blutkörperchen befallen. Sie nisten sich in den Zellen ein, vermehren sich dort, zerstören diese, werden wieder freigesetzt, können so in neue, noch nicht befallene Zellen eindringen und so fort. Je nach Parasitendichte führt der Befall schließlich zu einer mehr oder minder ausgeprägten Hämolyse (= Auflösung der roten Blutkörperchen durch die Zerstörung der Zellmembran mit Übertritt des roten Blutfarbstoffes in das Plasma). Früher erkrankten nur Hunde an Babesiose, die aus südeuropäischen Ländern importiert wurden oder sich dort aufgehalten haben. Inzwischen treten auch in Deutschland immer öfter Fälle von Hundemalaria auf. Dies ist nicht zuletzt eine Folge des zunehmenden Reisetourismus, des Klimawandels und einer Strukturänderung in der Landwirtschaft (zunehmende Brachflächen). 

  • Überträger
    Bei den Babesien gibt es verschiedene Unterarten, die unterschiedliche Krankheitsverläufe hervorrufen und von verschiedenen Zeckenarten übertragen werden. Die Auwaldzecke, die sich mittlerweile in ganz Mitteleuropa ausgebreitet hat, überträgt Babesia canis, die braune Hundezecke gilt als Überträger der Babesia vogeli. Die Stärke der Erkrankung hängt unter anderem von dem allgemeinen Gesundheitszustand, dem Alter des Hundes und der Babesienart ab. In manchen Fällen heilt die Hundemalaria von selbst aus. So sind in den Gebieten, in denen Babesia canis gehäuft auftritt, zum Beispiel Ungarn, Südösterreich, Norditalien, die Jungtiere aufgrund der hohen Durchseuchung im allgemeinen durch Antikörper aus der Erstmilch der Hündin geschützt. Infektionen verlaufen deshalb oft milder. Bei schweren Krankheitsverläufen endet die Babesiose jedoch ohne rechtzeitige Behandlung meist tödlich. 
     
  • Übertragungs- und Inkubationszeit
    Die Übertragungszeit nach einem Zeckenstich liegt in etwa zwischen 12 bis zu 72 Stunden. Entdeckt man also die Zecke sehr früh, kann eine Infektion bei richtigem Greifen und Herausziehen vermieden werden. 
    Die Inkubationszeit beträgt zwischen zehn Tagen und drei Wochen. In dieser Zeit besiedeln die Parasiten die roten Blutkörperchen, vermehren sich dort und zerstören diese.
     
  • Symptome
    Ein bis drei Wochen nach einem infektiösen Zeckenstich setzt plötzlich hohes Fieber (bis zu 42 Grad C) ein. Der Hund bekommt starken Durst, Appetitlosigkeit, Mattigkeit und auffälligen Konditionsverlust. 

ANAPLASMOSE

Auch die Anaplasmose ist eine durch Zecken übertragene Infektionskrankheit. Jedoch handelt es sich hier im Gegensatz zur Babesiose um eine bakterielle Infektion. 

  • Überträger
    Überträger ist vor allem der Gemeine Holzbock, die bekannteste Art der Schildzecken, die man in Nord- und Mitteleuropa, also auch in Deutschland das ganze Jahr über antreffen kann.
     
  • Übertragungs- und Inkubationszeit
    Die Übertragungszeit nach dem Zeckenstich beginnt nach etwa 24 Stunden, also auch hier kann durch schnelles und fachgerechtes Entfernen der Zecke meist eine Infektion vermieden werden. Die Zeit zwischen der Infektion und den ersten Symptomen ist circa vier bis elf Tage. Der Erreger lebt und vermehrt sich - wie die Babesien - intrazellulär und schädigt und zerstört die weißen Blutzellen. 
    Bei manchen Hunden verläuft eine Infektion leicht und fast nicht erkennbar. Das heißt, der Hund entwickelt Antikörper als Reaktion auf die Infektion, aber es kommt nicht zum direkten Ausbruch der Erkrankung. Andere Hunde wiederum zeigen akute und hochgradige Verlaufsformen.
     
  • Symptome
    Symptome einer Anaplasmose sind plötzlich einsetzendes hohes Fieber, Teilnahmslosigkeit, Gewichtsverlust, Durchfall, Erbrechen, manchmal auch Lahmheit als Folge von Gelenkentzündungen und Vergrößerungen von Milz und Leber. 

HEILBAR – JA ODER NEIN?

Babesiose - Geheilt, aber weiterhin Überträger

Übersteht ein Hund eine Infektion mit Babesien, können die Erreger trotzdem weiterhin im Blut vorhanden sein. Nimmt eine Zecke nun bei einem Saugakt die befallenen roten Blutkörperchen auf, entwickeln sich im Zeckendarm geschlechtliche Babesienstadien. Diese dringen in die Eier der Zecke ein und geben somit den Erreger auf die Zeckennachkommen weiter. Dadurch werden nicht nur ausgewachsene Zecken, sondern auch Nymphen zu Babesienüberträgern. Zudem wandern die Erreger in die Speicheldrüsen der Zecke, wo sie sich zu den für Hunde infektiösen Einzellern entwickeln und über den Speichel der Zecke wieder in den Blutkreislauf eines Hundes gelangen. 

Anaplasmose - nicht immer heilbar 

Nach solch einer akuten Phase der Anaplasmose werden die Erreger entweder durch Medikamentengabe zerstört oder sie verbleiben im Knochenmark, ohne jedoch Symptome hervorzurufen. Nicht in allen Fällen ist eine Anaplasmose also heilbar. Die Erreger werden dann unter Umständen bei jeder Schwächung des Immunsystems - beispielsweise durch Kälte, Stress, oder andere Infektionskrankheiten - erneut aktiv. Trotzdem muss die Erkrankung nicht zwingend wieder ausbrechen.